Warum Suffizienz und warum gleich eine Akademie?
In den Sozialwissenschaften dringen immer mehr Stimmen darauf, über die Organisation von Gesellschaft nach dem Zeitalter des Wachstums nachzudenken. In der Akademie für Suffizienz wollen wir lustvoller und ganz praktisch fragen: Was können wir mit dem tun, was da ist? Wie können wir diese Ressourcen in Wert setzen? Es geht nicht um Grenzen oder Verzicht, sondern um einen neu zu entdeckenden Reichtum, der aus dem eigenen Handeln erwächst, aus dem Umgang mit dem, was die Region anbietet. Zum diesem Reichtum trägt das gewonnene Wissen bei und die gelernten Fähigkeiten der Sorge für sich und andere.
Nachnutzung vorhandener Materialien
Im Kontext von Klimawandel, Ressourcenknappheit und Green Economy können wir das auch theoretischer sagen: Ziel von Wirtschaften ist es, dass Menschen ein gutes Leben führen können. Drei Herausforderungen muss eine ökologisch nachhaltige Wirtschaft bearbeiten:
Stoffe im Kreislauf führen
Effizienz und Konsistenz sind wichtig. Aber sie finden keine Begrenzung in sich, stellen nicht die Frage danach, wie viel, wozu, für wen. Ökologische Entlastungen durch Effizienz und Konsistenz werden bisher durch Mehrkonsum und Verlagerung egalisiert. Materielles Wachstum bleibt ungebrochen, Verteilungsungerechtigkeiten und ökologische Schädigungen unübersehbaren Ausmaßes werden vertieft. Erst eine Stärkung der ethischen Dimension wirtschaftlichen Handelns eröffnet einen Weg aus der Wachstumsfalle. Suffizienz ist demnach eine Leitidee für eine Organisation von Wirtschaft, die ihre Substanz erhält. Regionalisierung, Subsistenz, Teilen und Tauschen sind Praktiken, in denen sich nachhaltiges Wirtschaften realisiert.
Regionale Ressourcen nutzen
In der praktischen Anwendung dieser Erkenntnis sehen wir das Arbeitsfeld der Akademie für Suffizienz. Ganz alltäglich werden hier Erfahrungen möglich, die einer anderen Logik folgen als dem ökonomischen Paradigma unserer Überflussgesellschaft: Nicht die Wahl aus vorgefertigten (Erlebnis-)Angeboten ist hier Programm, sondern eine Gelegenheitsstruktur lädt BesucherInnen ein, sich einzubringen in die Reproduktion ebenso wie in die Gestaltung von Infrastruktur. Die Prozesse orientieren sich an bewährten Prinzipien nachhaltiger Gestaltung und werden unter Bezug auf aktuelle wissenschaftliche Diskurse reflektiert. Ausgangspunkt aller Erfahrungen ist die ökonomische Organisation der Akademie selbst: Der Aufbau erfolgt aus vorhandenen, vorbehaltlos eingebrachten Ressourcen. Die Nutzung ist nicht an feste Konditionen geknüpft - NutzerInnen entscheiden selbst, was sie zum Erhalt beitragen wollen.
Ohne Orte, an denen Suffizienz erlebbar ist, ohne Strukturen, die Suffizienz normal und plausibel machen, bleibt sie in der Sphäre individueller Lebensführung. Um breitenwirksam zu werden, muss Suffizienz als wirtschaftliches Leitbild politisch durchgesetzt werden, sonst kann sie ihr ökologisches Potential nicht entfalten. Insofern verstehen wir die Akademie auch als ein Projekt der politischen Vermittlung, als Plattform eines transdisziplinären Austausches und als Experiment zur Institutionalisierung des Weniger.
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